Kein Generalvorsatz für Strohleute
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 25.04.2024 erfreulich klar entschieden, dass der strafrechtlich notwendige Vorsatz von sog. „Strohleuten“ nicht allein aus deren Stellung als formeller Geschäftsinhaber geschlossen werden darf. Das Problem: Nicht selten werden bei Unternehmen sog. „Strohleute“ eingesetzt. Diese sind offiziell für das Unternehmen verantwortlich, tatsächlich lenken aber andere Personen die Geschicke. Das […]
Bundesgerichtshof billigt Bewährungsstrafe bei Millionenhinterziehung
Das Landgericht Oldenburg (Urteil vom 12.09.23, 2 KLs 75/22) hat zwei Unternehmer wegen Umsatzsteuerhinterziehung in Höhe von 1,8 Mio. Euro zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat das Urteil mit der Revision angegriffen, weil es der ständigen Rechtsprechung des BGH widerspreche, wonach bei Steuerhinterziehung jenseits der Millionengrenze grundsätzlich keine Bewährung gewährt werden könne. Der Bundesgerichtshof hat […]
Bundesgerichtshof entscheidet: Keine Gnade im Rahmen der Einziehung bei Insiderhandel
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt in einer jüngeren Entscheidung betreffend die Einziehung von Taterträgen zulasten des Angeklagten auf das sogenannte Bruttoprinzip ab (Urteil vom 6. Dezember 2023, Az. 2 StR 471/22). Der Sachverhalt Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten in erster Instanz wegen Insidergeschäften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. […]
Hohe Hürden für eine Durchsuchung auf Grundlage einer anonymen Anzeige
Anonyme Anzeigen über potentielle Straftaten führen nicht selten zu Ermittlungen und strafprozessualen Maßnahmen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth stellt nun in seinem Beschluss vom 14. Februar 2024 (18 Qs 49/23) erfreulicherweise hohe inhaltliche Anforderungen an eine anonyme Anzeige als Grundlage für eine Durchsuchungsmaßnahme. Eine anonyme Anzeige muss den für eine Durchsuchung benötigten „greifbaren Verdacht“ erhärten können. Das […]
Steuerliche Leichtfertigkeit als Bußgeldvorwurf mit verlängerter Steuerfestsetzungsfrist – BFH erteilt generalisierender Betrachtungsweise zulasten des Steuerpflichtigen eine Absage
Die Auslegung des Begriffs „Leichtfertigkeit“ entscheidet darüber, ob sich die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist für Steueransprüche wegen des Vorliegens einer leichtfertigen Steuerverkürzung des Steuerpflichtigen um ein Jahr verlängert hat und eine Steuerfestsetzung durch die Finanzverwaltung im fünften Jahr deshalb noch möglich war. Der 2. Senat des Bundesfinanzhofs begrenzt nun den subjektiven Leichtfertigkeitsbegriff für die Bestimmung der […]
Keine Wiederaufnahme zu Lasten Freigesprochener: Bundesverfassungsgericht erklärt § 326 Nr. 5 StPO für verfassungswidrig
Haben auch (mutmaßliche) Mörder ein Anrecht auf Rechtsfrieden? Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage bejaht und den 2021 eingeführten § 326 Nr. 5 StPO für verfassungswidrig erklärt (Urteil vom 31. Oktober 2023, Az. 2 BvR 900/22) Ist ein Angeklagter rechtskräftig freigesprochen worden, darf er nicht wegen derselben Tat erneut angeklagt und verurteilt werden („ne bis in […]
Finanzgericht Münster: Kein Wunsch-Betriebsprüfer in Außenprüfung
Der 1. Senat des Finanzgerichts (FG) Münster hat in seinem Urteil aus dem April 2023 die Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Person des Betriebsprüfers festgestellt (Urteil vom 27. April 2023, Az. 1 K 2091/22). Der Sachverhalt Die Steuerpflichtige hatte sich nach zwei mit erheblichen Mehrergebnissen abgeschlossenen Außenprüfungen erfolglos zur Wehr zu setzen versucht gegen die […]
UPDATE zu steuerpflichtigen Kryptogewinnen: Finanzverwaltung ermittelt bundesweit, strafbefreiende Selbstanzeige derzeit noch möglich
Im Beitrag aus März 2023 hatten wir uns mit dem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.02.2023, Az. IX R 3/22, zur Besteuerung von Kryptogewinnen auseinandergesetzt: Gewinne aus Kauf/Verkauf von Kryptowährungen unterliegen der Einkommensteuer. Die Finanzverwaltung NRW hat in Reaktion auf das BFH-Urteil Sammelauskunftsersuchen an Kryptohandelsplattformen gestellt, um Nutzerdaten zu erhalten. Die Informationen werden bundesweit an […]
Gesetzgeber unter Zugzwang: Erster Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassungspflicht nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21, entschieden, dass in Deutschland die geleistete Arbeitszeit von Beschäftigten aufzuzeichnen ist. Das BAG hat sich damit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, Az. C-55/18, aus 2019 angeschlossen. Unternehmen sind nunmehr verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Damit das „Wie“ dieser Pflicht inhaltlich konkretisiert und […]
Freie Mitarbeit – Scheinselbstständige Rechtsanwälte?! Strafbarkeitsrisiken für Kanzleiinhaber
Der 1. Senat des Bundesgerichtshofes hat am 08.03.2023 die erstinstanzliche Verurteilung eines Inhabers einer Anwaltskanzlei wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Sozialversicherungsanteilen bestätigt (Urteil vom 08.03.2023 – 1 StR 188/22, Link zur Entscheidung). Dieser beschäftigte mehrere Anwälte auf dem Papier als freie Mitarbeiter. Tatsächlich unterlagen die Mitarbeiter seiner strengen Kontrolle, erhielten eine feste Vergütung und waren […]