Als Verteidiger sollte man seinen Blick neben dem eigentlichen Strafverfahren auch immer auf die möglichen Nebenfolgen als außerstrafrechtliche Konsequenzen richten.
Belastender als die eigentliche Strafe
Beispielhaft deutlich wird das anhand eines Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 30.05.2022, Az. 4 ZB 21.2660. Ein Strafgericht verurteilte den Kläger – einen Gewerbetreibenden – wegen einer Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe. Daraufhin widerrief die Stadt seine Betriebserlaubnis für die städtische Großmarkthalle. Der Widerruf wurde im Wesentlichen mit den Vorgängen begründet, die Gegenstand des Strafverfahrens waren. Nach erfolgloser Klage zum Verwaltungsgericht lehnte der BayVGH den Antrag auf Zulassung der Berufung ab und bestätigte damit den Widerruf der Zuweisung. Deutlich heißt es in dem ablehnenden Beschluss: „Ein Gewerbetreibender kann sich unter Umständen wegen einer strafbaren Handlung, die er nicht im Rahmen der Gewerbeausübung begangen hat, als gewerberechtlich unzuverlässig erweisen“.
Der übersichtsartig dargestellte Fall zeigt anschaulich, dass strafrechtliche Nebenfolgen – hier: Widerruf der Betriebserlaubnis (vergleichbar mit einer Gewerbeuntersagung gemäß § 35 Abs. 1 GewO) – existenzbedrohend sein können. Die Verteidigung muss stets beachten, dass für eine Unzuverlässigkeit schon ausreichen kann, wenn eine Steuerhinterziehung nicht unmittelbar im Rahmen der Gewerbeausübung begangen wurde. Das Risiko einer Untersagung/eines Widerrufs muss man als Verteidiger analysieren und den Mandanten frühzeitig darüber aufklären. Dieser kann sich durch geeignete Umstrukturierungsmaßnahmen oder angepasste Planungen auf die drohende Situation einstellen.
Vielfältige Nebenfolgen
Strafrechtliche Nebenfolgen drohen nicht nur im dargestellten Fall. Sie sind vielfältig und in diversen Gesetzen geregelt. Beispielsweise kann schon bei einer Verurteilung zu einer vermeintlich geringen Geldstrafe unterhalb der allseits bekannten 91 Tagessätze der Entzug von Jagd- oder Flugschein drohen. Auch Bußgeldbescheide oder Strafbefehle (förmliche Verurteilung auf schriftlichem Weg), die auf den ersten Blick keine gravierenden Auswirkungen haben, sollten nicht ungeprüft akzeptiert werden. Es kann z. B. zu Eintragungen in das Gewerbezentral- oder das Wettbewerbsregister kommen, was spürbare wirtschaftliche Folgen für ein Unternehmen haben kann. Von der Vergabe öffentlicher Aufträge kann man sogar ohne/vor förmlicher Verurteilung ausgeschlossen werden.
Verteidigungsstrategie anpassen
In jedem Fall gilt es, die außerstrafrechtlichen Nebenfolgen im Rahmen der Verteidigungsstrategie mit einzubeziehen. Im besten Fall kann die Nebenfolge abgewendet werden. Wenn das nicht möglich ist, sollte durch entsprechende Vorbereitung und Ausarbeitung eines Alternativplans ein möglichst optimales Ergebnis angestrebt werden. Fest steht aber: Die Nichtbeachtung der außerstrafrechtlichen Nebenfolgen kann zu unangenehmen Überraschungen bei dem Mandaten führen. Die Verteidigung muss den Mandanten davor schützen.